Bevölkerungsdichte, Kommunikationsstrukturen und Traditionsräume in der Trichterbecherkultur
Im 4. vorchristlichen Jahrtausend kam es in Nordmitteleuropa zu einschneidenden gesellschaftlichen Veränderungen, die zur Errichtung monumentaler Architektur führten. Die dabei wirksamen komplexen Vorgänge werden durch eine großräumige Auswertung archäologischer Sach- und Architekturdaten auf hohem Skalenniveau untersucht. Ziel ist die Entwicklung von Modellen für demographische Prozesse und für die Beschaffenheit von Kommunikationsstrukturen und Traditionsräumen im Spannungsfeld von Wandel und Kontinuität.
Das Projekt setzt sich aus drei Modulen zusammen:
Modul Bevölkerungsdichte (Arbeitsgruppe Köln)
Die Kölner Gruppe erarbeitet eine demographische Analyse über die Megalithgräber und die Anzahl der in ihnen Bestatteten. Zu diesem Zweck wird eine Rechenmodell aus relational angeordneten Modulen entwickelt, in denen paläodemographische und geostatistische Methoden Anwendung finden. Durch dieses Modell wird ein Wert zur minimalen Bevölkerungsdichte generiert. Die Bilanzierung der Megalithgräber im Vergleich zur Kategorie der Flachgräber gestattet dabei eine Fehlerabschätzung.
Modul Kommunikationsräume (Arbeitsgruppe Kiel)
Standardisierte Aufnahmen, insbesondere von Keramik und Steinartefakten, gewährleisten die Vergleichbarkeit der Objekte in Raum und Zeit. Dadurch lassen sich räumliche Muster erfassen, die sich für die Rekonstruktion von Statik und Dynamik von Kommunikationsstrukturen und Traditionsräumen eignen. Die vergleichende räumlich-statistische Analyse typologischer Unterschiede der Inventare von nordmitteleuropäischen Megalithgräbern, Flachgräbern, Siedlungen und Erdwerken auf verschiedenen Raumebenen (lokal, regional und überregional) dient der Arbeitsgruppe Kiel als Basis, kulturelle Unterschiede als Indikator für Kommunikationsstrukturen zu verwenden. Die in der ersten und zweiten Projektphase durch das Kieler Teilprojekt vorgenommene umfangreiche standardisierte Aufnahme von Megalith- und Flachgrabinventaren sowie von Inventaren aus Siedlungen dient in der dritten Phase des Projekts als Datenbasis für eine feinchronologisch in 100-Jahres-Schritte aufgelöste Analyse der Kommunikationsstrukturen der Trichterbechergesellschaften Nordmitteleuropas. Grundlage ist die Gliederung des Materials, die durch die Arbeitsgruppe Kiel geleistet wird. Darauf aufbauend steht neben der Herausarbeitung von Gruppen und Netzwerken, vor allem auch die möglicher Zentralität und Heterogenität, im Vordergrund.
Modul Traditionsräume (Arbeitsgruppe Frankfurt)
Die Frankfurter Gruppe analysiert über einen merkmalanalytischen Ansatz die baugeschichtlichen Daten der nordmitteleuropäischen Megalithgräber. Ihre Vielfalt spiegelt regionale Muster wider. Die unterschiedlichen Biographien der Anlagen aufgrund von Umbauten und Erweiterungen verdeutlichen ihren Funktionswandel und verweisen auf Veränderungen im Grab- und Bestattungsritus. Die Untersuchung verfolgt die Frage, wieweit sich in den hier abbildeden spezifischen Mustern die sozialen Strukturen neolithischer Gemeinschaften wiederfinden lassen.